Letztens kam ich im Gespräch mit einer (wunderbaren) Freundin auf die Theorie, dass jeder Mensch in seinem Leben mindestens einmal rebelliert. Form und Zeitpunkt dieser Rebellion folgen dabei keinerlei Muster. Vielmehr ist es von kleinen Faktoren abhängig, wann ein Mensch mit Routine und Charaktereigenschaften bricht und Mitmenschen und Umwelt negativ wie positiv vor eine Überraschung stellt. In der Jugend, genauer gesagt, Pubertät, ist eine Rebellion kaum überraschend. Sie wird geradezu erwartet. Vom eigens vollgekotzten Hoodie bis hin zum (halb)legalen Grenzgängertum – die Bandbreite möglicher Provokation ist groß. Sich mal gepflegt gegenseitig anzuschreien zeugt in jener Phase genauso von mangelnder Reife oder Konfliktfähigkeit, wie von der Unsicherheit im eigenen Körper. In meinem Umfeld rebellieren gerade viele Menschen. So scheint es mir zumindest, schaue und höre ich einmal genauer hin. Bewusst heraufbeschworene Brüche in Partnerschaft oder Beruf als Ergebnis von 180 Grad-Wendemanövern. Ist das die Rebellion?

Die Rebellion im Stillen

Ich ertappe mich derzeit beschämend häufig dabei, dass ich Kinder betrachte und mir denke, „Was ist los mit dir?“ Sie sitzen stundenlang da, beschäftigen sich entspannt und verknüpfen Dinge sinnvoll. Sie sind nicht laut und stellen keinerlei Dinge an, die einen mit der falschen Hand gegen die Stirn schlagen lassen. Eigentlich stellen sie auch keine Fragen. Und dann blicke ich auf mein Erbgut, welches sich permanent zum anderen Ende der Skala diskutiert. Natürlich laut. Unvorstellbar, dass in sich ruhende Heranwachsende in einigen Jahren das eigene Wohnzimmer zerlegen. Aber irgendwann kommt die Rebellion. Da bin ich mir ganz sicher. Und die Bandbreite ist groß. Bereits das eigene Leben überdenken ist die Rebellion im Stillen. Um daraus zu handeln bedarf es nicht viel, lediglich die richtigen Worte, zur richtigen Zeit, vom richtigen Gegenüber. Irgendjemand muss sich ja erstmal um die durchstudierten Betriebswissenschaftler kümmern, bevor er sich in der Rebellion verliert.


Die gesammelte Kolumne „Gedanken von textmarka“ findet ihr hier.