„Ich wollte dir nur mal eben sagen, dass du das Größte für mich bist.“ Wir haben nicht mehr 2002. Leider. Dann würde ich jetzt nicht an den Tasten sitzen, sondern mich von der WG-Party letzte Nacht erholen. Und mich mit 400 Euro im Monat wie ein König fühlen. So laut die Menschen bei der eben genannten Textzeile mitsingen, so oft erlebe ich das Phänomen, dass der ausgesprochene Inhalt solcher Zeilen bei Empfängern abperlt. Komplimente scheinen eine schwierige Disziplin der Kommunikation. Der eine kann sie nicht sagen, der andere kann sie nicht hören. Warum tun sich Menschen schwer mit einem Kompliment? Warum freuen wir uns selten, wenn wir eins bekommen? Ich persönlich gehe sehr offensiv mit Komplimenten um. Dabei ernte ich häufig eine Mimik der Verunsicherung meines Gegenübers: Was hat er gesagt? War das ne Anmache? Darf der das? Finde ich das gut? Die kognitive Verarbeitung eines Kompliments als Herkulesaufgabe.

Achtung, Kompliment!

Sind wir dermaßen unsicher, dass wir ein Kompliment nicht annehmen können? Oder sind wir ein Haufen persönlich Enttäuschter, abgestumpft im gesellschaftlichen Zusammenleben und unfähig als Rezipient der kleinen Alltagsumarmung zu fungieren? Fehlt uns vielleicht die Spontanität den Augenblick der persönlichen Begeisterung in Worte zu fassen? Gut, ich gebe zu, es bereitet mir eine spitzbübische Freude, die Reaktion auf ein Kompliment zu beobachten. Meinen Gegenüber ein klein wenig emotional zu fordern. Aber es ist immer ernst gemeint. Wenn ich die Hose schön finde, dann sage ich das. Oder wenn er ein toller Mensch ist. Oder schön. Oder wenn mit ihm die Zeit rast. Egal ob er mein Partner ist, dass sexuell nicht-präferierte Geschlecht besitzt oder einfach jemand, den ich einmal die Woche treffe. Es gibt so verdammt viele Menschen, die mein Leben bereichern. Und das war jetzt ein Kompliment. Seid mal offen!


Die gesammelte Kolumne „Gedanken von textmarka“ findet ihr hier.